Es gibt heute ein altes Buch zu bestaunen (eigentlich zwei), das sich in meinem Regal für alte Papiere aufhält.
Der gesamte Titel lautet – und ist damit nicht ungewöhnlich lang für seine Zeit: Historisch-Medicinisches Regnum Minerale, OderMetallen- und Mineralien-Reich, Und zwar in II. Haupt-Theilen,Da in dem Ersten enthalten Eine accurate Beschreibung Aller Ertze, Mineralien, Metallen und Edelgesteine, wie sie wachsen und gefunden werden und wo sie in der Medicin und sonsten zu gebrauchen;Im Andern aber Die vollkommene Scheide- und Probier-Kunst, Darinnen gehandelt wird,Was Scheyden und Probieren sey, wie es vorzunehmen, so wohl im nassen als trockenen Wege, wie die Ertze nach ihrem Gehalt zu erkennen, etc. samt etlichen raren Processen und Experimenten etc. Nebst nöthigem Register, VonValentin Kräutermann. Arnstadt,Verlegts Johann Jacob Beumelmann, 1747. |
Auf dem inneren des Buchdeckels finden sich einige Notizen
#Symbol# – zu reinigen p:145
#Symbol# kalk zu reduciren pa 242
214 für die Kröpfe
pa 81 bey der übertreibung des ## aus den ## soll der Recipient muß verkleibt oder verlutiret werden – –
und so weiter. Die Seitenzahlen verweisen auf die entsprechenden Rezepturen im Buch.
Auf der rechten Seite:
Glück Auf!
Ich endes unterschreibener muthe und begehre bei den Hochfürstl. Schwartzburg-Sondershäusisch: Mineralien berg Amte zu Gehren eine Fund-Grube benebst einer obern und einer unter ### auf ###stein gelegen und befindlich in einem noch unverliehenen Felde auf N.N.
Vormittag oder Nachmittag
Was will uns der Vorbesitzer hier sagen?
Am Ende des Buches finden wir noch mehr Notizen zu Rezepturen:
Ganz oben wird auf Seite 25 auf die Podagra verwiesen. Ich lese dort: „Der Indianer Meinung wegen entstehung des Podagra und woraus“ – Die Podagra ist eine Gelenkentzündung, ähnlich der Gicht, allerdings meist im großen Zeh. Dazu später mehr.
Auf Seite 346 wird auf das Kapitel verwiesen, das da heißt: Silber und Kupffer in Guß und Fluß zu scheyden. Fein, dann wären die beiden Symbole ja geklärt. Der Mond steht für Silber und Kupfer ist weiblich.
Und der hintere Buchdeckel enthält den Rest des nicht sehr gut sortierten Inhaltsverzeichnisses:
Aber kommen wir zum gedruckten Teil, der um einiges besser zu entziffern ist. Ich setze voraus, dass ihr alle Frakturschrift lesen könnt. Zu Beginn helfe ich euch noch etwas, aber ihr werdet sehen, man liest sich schnell ein.
Vorrede.
Geneigter Leser! Wenn die Naturkundiger in Untersuchung derer wunderbahren natürlichen Würckungen über verschiedene rare Operationes ihre
Raison, warum dieses hey Ines also geschehe, von sich geben sollen, so ruffen Sie öffters mit vollem Munde aus: Wie unerforschlich ist die Natur, worinnen annoch vieles verborgen liegt, welches aber mit der Zeit, so GOtt Gnade verleihen würde, durch kluges Nachsinnen der Menschen und deren unermüdeten Fleiß eröffnet werden kan; welches gar wohl auf die edle und niemahls gnug zu lobende Chymiam Docimasticam oder Probier- und Scheide-Kunst zu appliciren.
Denn ob dieselbe gleich, so zu reden, das scharf-sehende Auge in metallischen Wissenschafften mit Recht genennet werden muß, vermittelst welchen die Göttlichen uns Menschen durch die Natur in der Erde verliehene Reichthümer, tàm in Medicina, quam Metallurgia (lat. sowohl in der Medizin als auch in der Metallurgie), im innersten erkennet werden. Auch sie so bald die Hand heissen könnte, welche dergleichen schöne, metallische Güter em-
pfangen und sich zuzueignen vermögend ist; So wird sich doch, dieses zu affirmiren (bekräftigen), niemand verbündlich machen, daß diese edle Kunst den obersten Gipffel ihrer Vollkommenheit biß hierher erlanget haben sollte, dannenhero dasjenige, was bereits schon oben gedacht worden, auch hier wohl wahr bleiben wird. (dannenhero, neuer: dannenher –
Habe ich zu viel versprochen? Man kann den Text ganz gut lesen und wenn man einmal drin ist, versteht man ihn auch inhaltlich.
Der Erste Theil behandelt die Metalle und Mineralien. Ich überspringe 140 Seiten und gehe zu den Edel(ge)steinen.
Der Sarder – heute eher unter dem Namen Karneol bekannt – ist, wenn man der Bibel Glauben schenken möchte, der sechste der zwölf Schmuckreihen der Grundsteine der Jerusalemer Stadtmauer. Link – Vers 20 Wer noch mehr über seine Geschichte erfahren möchte, klickt hier.
Der Topas, neunter Schmuckstein der Stadtmauer, ist durchsichtig und kann hier angeschaut werden. Auf der nächsten Seite erfahren wir, dass der böhmische Topas gut gegen Durchfall ist und zerrieben eingenommen wird. „Er widerstehet dem Gifft, so, daß er, wenn welcher in der Nähe, allen Glantz verliehren wird, und selbigen nicht eher wieder bekömmt, biß der Gifft hinweg gethan.“
Es folgen der Schmaragd und der Rubin. Den ersten kennt jedes Kind aus der Smaragdenstadt und vom schlauen Urfin, den zweiten vielleicht vom Buch „Rubinrot“.
Es folgt eine Anleitung zum Fälschen von Rubinen.
Ebenso wie der Rubin gehört auch der Edelgestein von Seite 150, der Saphir, zu den Korunden und mit Mohshärte 9 zu den härtesten Mineralien nach dem Diamant (Mohs 10). Dass es männliche und weibliche Sorten gibt, war mir neu. Auch hier gibt es wieder die Anleitung zum Fälschen.
6. Der Diamant – komt aus Indien, des großen Mogols Reich, aus der Grube zu Golconda, Macedonien und Arabien.
Wer die rechte Seite durchliest, wird interessante Dinge erfahren. Der erwähnte „Curioso“ könnte mit „Neugierigem“ übersetzt werden.
Der Lyncurer oder Luchsstein ist heute eher als Donnerkeil bekannt und eher kein Edelgestein, sondern ein Fossil
weiter …
Achat und Amethyst. Der eine stillt das Blut, der andere wehret der Trunckenheit.
Die letzte Reihe Edelgesteine beginnt mit dem Türkis, der vor dem Fallen und Stoßen schützt (aber nur, wenn man ihn geschenkt bekommt), zwischen Eheleuten die Feindschaft wegnehmen soll, und wenn man ihn anschaut, das Augenlicht stärkt.
Der Onyx und der Jaspis sind zwei weitere Schmucksteine.
Die folgenden Seiten mag durchlesen, wer neugierig ist. Während oben der Donner-Keil beschrieben wird (ein weiterer Lapis) und die Erklärung des Namens erfolgt, ist weiter unten und auf den Folgeseiten das (Horn eines?) Einhorn beschrieben. Wer kann sich einen Reim darauf machen, was hier gemeint ist?
Ich habe etwas gefunden, das kaolinischen Tonen nahe kommt. Kaolin ist der Grundstoff zur Herstellung des Porzellans. Bei Erscheinen des Buches lag seine Erfindung gerade einmal 39 Jahre zurück.
Federweiß klingt wunderschön. Der lateinische Name Asbestus lässt aufhorchen und die Geschichte dazu macht nachdenklich.
Wer einmal Glas herstellen möchte, kann hier lernen.
Als nächstes habe ich euch noch so manchen klugen Rat herausgesucht:
Kommen wir nun zum zweiten (oder, wie es damals hieß „anderen“) Theil des Mineralien-und-Metalle-Buches: den Metallen.
Gold und Silber spielen eine große Rolle und das Buch ist gut gefüllt mit Rezepten, wie man Gold und Silber von anderen Metallen abscheiden oder sogar herstellen kann. Zur Goldherstellung später mehr.
„Wie kann man nur aus einer Kupfer-Gold-Legierung das Gold herauslösen?“ habt ihr euch sicher alle schon oft gefragt. Die Ungarn haben die Lösung: gleiche Menge Schwefel, Arsen und Antimon vermischen, das Metall pulverisieren und in Harn einlegen, drey Tage liegen lassen, neuen Urin drauf usw. usw. Eigentlich ist es ganz einfach.
Wie erkenne ich Gold- und Silber-Erze?
9.) Schlicke = Schlick, Schlamm
Auf den nächsten Seiten gibt es eine kleine Gewichts-Lehre der damaligen Zeit. Wie gut haben wir es doch mit dem metrischen System getroffen!
Im hinteren Teil des Hauptbuches folgt nun das ausführliche Register, in Büchern der Zeit eine Seltenheit.
Und nun, angebunden an das Hauptbuch, habe ich erst nach mehreren Jahren dieses Büchlein entdeckt.
Herrn Tempels Bewährtes Mittel wieder das Podagra oder: Ausführliche Beschreibung von dem rechten Gebrauch der Moxa : Nebst verschiedenen curieusen Betrachtungen so wohl von der Natur des Podagra, als auch von mancherley Mitteln wieder dasselbe ; In Form eines Sendschreibens an den Herrn Züllichem [et]c. ; Aus dem Frantzösischen ins Teutsche übersetzet.
Auch dieses Buch ist von Johann Jacob Beumelburg in Arnstadt gedruckt worden. 1744 und damit noch drei Jahre vor dem Hauptbuch. Der genannte Herr Tempel ist niemand geringerer als William Temple, 1628-1699.
Wer sich bis hier fragt, um was es sich bei Podagra handelt: die Gicht im Großzehgelenk
Ich habe euch nur einen kleinen Überblick über die Erläuterung der Podagra gegönnt. Wer das ganze Buch digitalisiert anschauen möchte, kann bei der Berliner Staatsibliothek im Digitalisat schmökern: hier
Alles in allem ein, wie ihr zugeben müsst, cooles, 280 Jahre altes Buch, oder?
Wer nun noch Gold herstellen möchte, der braucht eine alte Silber-Mark-Münze (z.B. diese hier). Anschließend schaue er in diesem Artikel auf Seite 107/108: Link


























































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