Vor ein paar Tagen habe ich euch erste Informationen zum Öffentlichen Personen-Nahverkehr in der DDR vermittelt (siehe hier).
Heute kommen noch einige Details zur S-Bahn in Berlin. Nach der Teilung der Stadt 1961 bis zum Fall der Mauer 1989 wurde die Berliner S-Bahn unter der Regie der Deutschen Reichsbahn (das DDR-Gegenstück zur Deutschen Bundesbahn) betrieben. Details dazu könnt ihr im dazugehörigen Wikipedia-Abschnitt hier lesen.
Für mich traf das Meiste bedauerlicherweise nicht zu. Ich durfte nur in der Ost-Hälfte herumfahren und musste mit all meinen Mitbürgern an der Friedrichstraße aussteigen. Dieser Bahnhof weckt in jedem Ost-Berliner mit „West-Verwandschaft“ Erinnerungen. Als eine der wichtigsten Grenzübergangsstellen war er mit dem Tränenpalast auch eine der emotionalsten Orte der deutsch-deutschen Teilung. Ich habe hier oft Freunde verabschiedet, die zu Tagesbesuchen den Osten bestaunt haben. Dabei konnte ich viele rührende Szenen beobachten, wenn Verwandte sich unter den gefühlskalten Augen der DDR-Grenzer wieder voneinander verabschieden mussten. Für DDR-Bürger waren Besuche aus dem Westen immer etwas besonderes – natürlich nicht zuletzt wegen der Mitbringsel.
Aus dem Jahr 1985 stammt unser heutiger Artikel des Tages – ein Taschenkalender mit Fahrplan. In diesem Jahr hatte ich meine aufmüpfige Phase. Schwerter zu Pflugscharen- und Greenpeace-Aufnäher an der Jacke, lange Haare, Junge Gemeinde und mein erster Eintrag in die neu angelegte Stasi-Akte als „Aufsucher einer nichtsozialistischen Botschaft“ (dabei war ich nur in der Bibliothek in US-Botschaft). Hat mir mein Abi- und Studium-Verbot in der DDR eingebracht.
Das Innere des Kalenders zeigt nicht nur die Übersichtlichkeit der damaligen S-Bahn-Strecken, sondern auch die Fahrzeit vom Bahnhof Ostkreuz, dem damaligen Zentrum der Berliner S-Bahn. Man kann auch noch den verbliebenen Teil des S-Bahn-Stadtrings erkennen. Das Ost-Viertel verlief zwischen der Schönhauser Allee (links oben am scharfen Knick) bis zum Treptower Park (unter Ostkreuz). Inzwischen ist der Ring wieder rund und man kann immer im Kreis fahren (linksrum oder rechtsrum).
Die beiden U-Bahn-Linien sind übrigens in blau eingezeichnet. Links zu sehen, die U2 von Pankow bis Thälmannplatz, der heute Mohrenstraße heißt, früher mal Kaiserhof und zwischen 1986 und 1989 auch mal Otto-Grotewohl-Straße. Entgegen weitläufiger Behauptungen ist die Verkleidung des Bahnhofs zwar aus demselben Material, wie der große Saal in der Reichskanzlei, es wurden aber keine Elemente nach Abriss dort wiederverwendet.
Wusstet ihr, daß der Berliner seine S-Bahnhöfe stets ohne Artikel benutzt? „Ich fahre von Friedrichstraße los und muß Schönhauser aussteigen.“ So heißt das!
Und für die ganz Harten gibt es hier eine Anagramm-Version des Berliner-S- und U-Bahn-Netzes.
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