Seit 1923 hielt die NSDAP jedes Jahr im frühen September einen Reichsparteitag ab. Diese Massenaufläufe dienten der Festigung der Verbundenheit zwischen allen Parteigenossen, der Demonstration von Macht und nicht zuletzt der Selbstbeweihräucherung. Wer sich für Details interessiert, der kann Wikipedia befragen. In Zeiten ohne SMS, WhatsApp und Facebook konnte man den Zurückgebliebenen in der Heimat nur Postkarten senden. Das haben auch mehrere teilnehmende Mitglieder der näheren Umgebung meiner Familie getan. Drei dieser Postkarten möchte ich euch heute vorstellen und erneut darauf hinweisen, daß ich der festen Überzeugung bin, diese Art von Großereignissen sowie die damit verbundene geschlossene Zustimmung zu einer beliebigen vermittelten Meinung, würde auch heute problemlos von der Menge angenommen werden. Kurt Tucholsky hatte es seinerzeit so formuliert: „Unterschätze nie die Macht dummer Leute, die einer Meinung sind.“
- 2. 9. 1933
- An Sturmführer Schneider, Erfurt, Sophienstr. No. 1
- Herzliche Grüße aus Nürnberg sendet Sturmmann Kötter, Scharführer Berkow
Überraschenderweise handelt es sich bei der ersten Karte um eine Feldpostkarte die in der Form allerdings in Deutschland nur bis 1919 und dann wieder ab 1939 existierte. Hier hatte ich schon einmal über Feldpost geschrieben. Dieser Reichsparteitag stand unter dem Motto „Reichsparteitag des Sieges„. De folgende Karte verdeutlicht den Personenkult um Hitler, flankiert von Julius Streicher und (vermutlich) Willy Liebel. Streicher, der Herausgeber des Stürmer und großer Hetzer gegen jegliche „Untermenschen“ behauptete von sich selbst übigens, er sei „lediglich ein „Naturfreund“ gewesen, der nur die „Fremdlinge“ aus dem Land haben wollte.“ Willy Liebel war Oberbürgermeister von Nürnberg, Vorsitzender des Zweckverbandes Reichsparteitag und Leiter des Zentralamts im Rüstungsministerium. Desweiteren war er maßgeblich für die Organisation und Durchführung der Deportationen jüdischer Mitbürger verantwortlich
- 2. 9. 1933
- An Sturmführer Schneider, Erfurt, Sophienstr. No. 1
- Herzliche Grüße aus einer fröhlichen Runde sendet Kötter
- Sind gut angekommen, heute Appell vom Stabschef.
- Dem M 4/J 6. ein kräftiges He.. Hit…
Die letzte Karte ist von 1934, in diesem Jahr stand der Reichsparteitag unter keinem Motto, bekam aber später neben den Titeln Reichsparteitag der Einheit und Stärke und Reichsparteitag der Macht den bis heute am häufigsten geführten Namen, der auf den dazugehörigen Titel des Leni Riefenstahl-Filmes Triumph des Willens Bezug nimmt, den man sich auch heute noch, z.B. auf YouTube anschauen kann.
- Nürnberg, 8. 9. 34
- Lieber …, Schwager u. Schatz! Euch allen sende ich die herzlichsten Grüße. Die Großartigkeit einer … Tagung werdet ihr aus den Schilderungen und den Zeitungen erfahren. He.. Hit…! Euer …
Und wenn ich das alles richtig verstehe, stammt diese Karte von meinem Großonkel. Um sicher zu gehen muß ich meine Dokumente nochmal nach Details sichten.
Unheimlich 😳
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in der Tat. Aber jederzeit wiederholbar, wie man auf der ganzen Welt beobachten kann. Gib dem Menschen ein Feindbild und er wird Dir alles glauben!
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Ja leider. Es muss einen nur schlecht genug gehen… dann sind die Tore offen.
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Nicht mal schlecht. Schon die Angst davor, daß „die uns ja unseren hart verdienten Wohlstand wegnehmen wollen“ genügt.
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