Johanna Haarer verfasste vielbeachtete Erziehungsratgeber in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit.
„Säuglingspflege für junge Mädchen Ein Unterrichtsbuch für Schulen.“ war ihr erstes Werk, „Kinder auf dem Bauernhof ihre Erziehung in Familie und dörflicher Gemeinschaft.“ ein späteres, „Unsere Schulkinder“, „Mein Strickbuch“ Band 1, 2 und 3 erschienen von 1949 bis 1951 und „Frau sein und gesund bleiben“ 1950.
Ihr Buch „Die Mutter und ihr erstes Kind“ kann noch heute bei Amazon erworben werden. (Link) Es handelt sich dabei um die von nationalsozialistischer Terminologie bereinigte Version von „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind.“ aus dem Jahr 1934.
Denn, was nicht all ihre Leserinnen wussten war, dass Sie in ihrer Rolle als „Gausachbearbeiterin für rassenpolitische Fragen“ der NS-Frauenschaft in München (aus Wikipedia) in den Blütejahren des Nationalsozialismus bereits eine der erfolgreichsten und umsatzstärksten Verfasserinnen von Erziehungsratgebern im Dritten Reich war.
Ihr perfidestes Werk jedoch war „Mutter, erzähl von Adolf Hitler!“
„Dieses kleine Buch über den Führer und das Dritte Reich ist entstanden aus der Beantwortung vieler, vieler Fragen, die ein paar kleine Kinder ihrer Mutter täglich immer wieder stellten: Fragen nach Worten und Begriffen, über die sie die Großen sprechen hörten, Fragen nach der Hakenkreuzfahne, die an der großen Festtagen des Volkes von allen Häusern weht, Fragen nach der Bedeutung des Deutschen Grußes und nach der Stimme des Führers, die so kraftvoll aus dem Lautsprecher tönt und der alle im Hause lauschen. Die Fragen nach dem Warum der großen Aufmärsche und Feiern – welche Mutter kennt sie nicht!“ War dem so? „Welche Mutter kannte sie nicht“?
„Das Kind muß begreifen und verstehen können, was wir ihm antworten, und doch müssen wir andererseits so zu ihm sprechen, daß nichts, was groß und ewig ist, verkleinert, verniedlicht und dadurch verfälscht wird.“ Selbstbewußte Worte, die Frau Dr. Haarer nach dem Ende der Nazizeit sicher ganz anders gemeint haben wollte.
Wie wird diese „großartige Geschichte“ kleinen Kindern vermittelt? „Wir werden das so schonend und kindgemäß wie möglich tun, aber trotzdem der Wahrheit nicht feige ausweichen. Denn niemals können Wahrheit und Wirklichkeit in der Seele der Kinder solchen Schaden anrichten wie Täuschung, Ausflucht und Lüge. Und wenn wir Ihnen, gedrängt durch die Fragen, ein Stück aus der Geschichte unseres Volkes und Vaterlandes erzählen, dann denken wir daran, daß sie ja auch in unseren unvergänglichen deutschen Volksmärchen das Leben manchmal von harten und grausamen Seiten kennenlernen, ohne Schaden zu nehmen.“ Dazu hatte ich euch seinerzeit dieses Buch im Artikel „Märchen – Deutung in der Nazi-Zeit“ vorgestellt.
Das Inhaltsverzeichnis verheißt aufregende Vorlese-, Nacherzähl- und Selbstlesestunden. Ich hätte mich sicher schnell gelangweilt, aber mahnende Worte der nationalstolzen Mutter werden für Ruhe und bedächtiges Lauschen gesorgt haben:
„Heute erzählst du uns vom großen Krieg, Mutter!“
„So kamen die Kinder in der Dämmerstunde bei der Mutter an. Also hört zu. Als der große Krieg ausbrach, war ich selbst noch ein Kind und ich lebte damals bei eurer guten Großmutter in der kleinen Stadt, in der ich auf die Welt gekommen bin.“ Mutter erzählt, wie der Erste Weltkrieg begann, dass alle deutschen Männer singend und feiernd in Erwartung eines kurzen siegreichen Kampfes durch die Straßen zogen.
Der Ladenbesitzer, Herr Schmitthammer, war bereits in Frankreich und hatte seiner Frau, die den Laden nun in seiner Abwesenheit führte, einen Feldpostbrief geschickt und geschildert, dass „unsere Soldaten“ „nicht einen einzigen Franzosen“ „ins deutsche Land hereingelassen“ hatten. „Wie herrlich unsere Soldaten kämpften!“
Weiter erzählt uns die Mutter von ihren gelegentlichen Einkauf bei Familie Veilchenstein. „Ihr lacht über den komischen Namen, und wir haben als Kinder auch darüber gelacht.“ „Dann fragte meine Mutter nach Herrn Veilchenstein. Oh, es ging ihm gut. Nein, Frau Veilchenstein brauchte keine Angst um ihn zu haben! Er war ja nicht so weit vorne im Felde, wo geschossen wurde, ihn konnte keine Kugel treffen. Warum nicht? Oh, er war ja so tüchtig! Er kaufte weiter hinten die Lebensmittel ein, die die Soldaten zum Essen brauchten, solche Leute muss es auch geben, man konnte sie nicht entbehren. Und Frau Veilchenstein lächelte vor sich hin. Sie sah ganz anders aus als die arme Frau Schmitthammer, die immer magerer und ernster wurde vor lauter Sorgen. Sie war dick und rundlich, hatte ganz schwarze Haare und viele Ringe an den Fingern.“ „Bei Ihnen war immer Brot im Kasten, das wußte man in der Stadt. Auch Butter, Fleisch und Milch hatten sie zur Genüge, man brauchte sie allesamt ja nur anzusehen. Wir alle mochten die Veilchensteins nicht, auch die Kinder nicht. Sie sahen ganz anders aus als wir und hatten gebogene Nasen und ganz dunkles Haar. Sprach man einmal mit Ihnen, so wurden sie gleich frech und machten sich wichtig. Und je länger der Krieg dauerte, desto mehr sah und hörte man von Ihnen.“
Irgendwann ging der Krieg schließlich zu Ende.
„Aber nicht, wie wir alle gehofft hatten, mit einem großen Sieg! Oft, ach oft haben wir davon gesprochen, wie es sein würde, wenn endlich einmal der Frieden käme! Alle Glocken würden wieder läuten, hatten wir uns ausgemalt, und in langen Zügen, mit Blumen geschmückt, würden unsere Soldaten heimkehren. Nun aber kam es ganz, ganz anders, als wir gedacht hatten. Davon erzähle ich euch das nächste Mal.“
Und das tat die Mutter auch. Sie erzählt lang und ausführlich vom angeblichen Verrat der Feindesmächte den deutschen Soldaten und dem deutschen Volk gegenüber. Die Dolchstoßlegende in kindlichem Format.
Im Weiteren Verlauf des Buches geht es – wie der Titel vermuten lässt – um die „Heldentaten“ Adolf Hitlers.
„So schrieb Adolf Hitler damals alles nieder, was er sich ausgedacht hatte, um Deutschland zu retten. Er erzählt in diesem Buch auch von seinem eigenen Leben und erklärt uns, warum alles so hat kommen müssen und warum Deutschland so in Not und Elend geriet. Er konnte damals nicht zu den Menschen sprechen, denn er war ja gefangen. Das schrieb eben alles, was er ihnen sagen wollte. Später druckten dann die Buchdrucker die geschriebenen Seiten ab und so entstand sein Buch „Mein Kampf“. „Das wollen wir lesen, Mutter! Sind auch Bilder drin?“ So riefen die Kinder. Das Buch unseres Führers ist kein Buch für Kinder. Aber wenn ihr größer seid und es verstehen könnt, dann freilich sollt ihr es lesen, nicht nur einmal, nein, viele, viele Male.“
„Wenn Adolf Hitler bei seiner vielen, vielen Arbeit in der Reichskanzlei in Berlin einmal einen Augenblick innehielt und sich in seinem Deutschen Reich umsah, dann muß er sich wohl von Herzen gefreut haben – meint ihr nicht auch? Was hat er in kurzer Zeit nicht alles erreicht für sein Land und für sein Volk! Alle hatten wieder Arbeit, Verdienst und Brot, es gab keine Arbeitslosen mehr.“ (Wie es dazu kam und dass es nicht wirklich auf Hitlers Ideen fußte, lest ihr z.B. hier nach.)
In was für eine goldene Zukunft uns Herr Hitler und seine Kameraden geführt hat, weiß jeder, der im Geschichtsunterricht aufgepasst hat. Opas glorifizierenden Reden über den GröFaZ zeugen oft von politischer Demenz und finden im wissensarmen Teil der Bevölkerung begeisterte Anhänger.
Ich bin der Meinung, dass solch glühende Verehrer des Nationalsozialismus wie Frau Dr. Johanna Haarer nach dem Ende des Dritten Reiches keine Erlaubnis zur Veröffentlichung ihrer alten Werke – selbst in überarbeiteter Form – oder neuer Schriften mehr erhalten hätte dürfen.
Zum Abschluß liste ich euch noch das Buchverzeichnis aus dem hinteren Teil dieses Buches auf:
Weiter Bücher zu diesem Thema hatte ich euch bereits hier vorgestellt:
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