Es gab und gibt zahllose Weltbilder. Eine der kurioseren, weil ziemlich falsch, ist die Welteislehre – in ein Wissenschaftgewand gehüllt auch als Glazialkosmologie nicht viel geläufiger.
Ich bin im Zuge meines Interesses für die Kritik an der Altersbestimmung durch die Radiokarbon-Methode (C14-Methode) sowie die Himmler’schen Ahnenerbe-Ideen darauf gestoßen.
Ausgedacht haben sich der Österreicher Hanns Hörbiger und der Münchener Philipp Fauth die ganze Sache 1913. In dieser Zeit erwachte etwas, was man heutzutage als Hobby-Forscherei bezeichnen könnte und fand einen Höhepunkt in den 1920er Jahren. Ich habe noch eine ganze Reihe seltsamer Bücher aus dieser Zeit. Die Menschen begannen sich Gedanken zu ihrer Umwelt zu machen, teilweise mit sehr obskuren Ergebnissen.
Hier ein Heftchen von 1925. Dr. ing. e.h. H. Voigt (was immer der Titel bedeutet) erzählt auf 32 Seiten seinen Weg zur Erkenntnis, daß die Welteislehre die wahre Lehre von der Entstehung des Universums ist. Damals wie heute ließen sich die Menschen recht leicht von irrigen Ideen anstecken, wenn nur ausreichend viele Fremdworte oder mysteriöse Bemerkungen vorhanden waren.
Es ist sicher keine verschwendete Zeit, sich den Artikel in Wikipedia durchzulesen. Für die Eiligen unter euch kommt hier ein Auszug, der den Aufstieg der WEL (so die Abkürzung) als Ahnenlehre unter den Nazis beschreibt.
Wikipedia:
Im Dritten Reich erfuhr die Theorie eine regelrechte politische Aufwertung. Führende Nationalsozialisten, darunter Heinrich Himmler, waren Anhänger der Welteislehre. Auch Adolf Hitler war von der Lehre beeindruckt.
Hörbiger wurde von seinen Anhängern mitunter mit dem „Führer“ verglichen. Beide stammten aus Österreich und waren zunächst Außenseiter. Während Hitler mit dem „Weltjudentum aufräumte“, sollte Hörbiger Deutschland und die Welt von der „jüdisch beherrschten Wissenschaft“ (gemeint war insbesondere Albert Einstein) befreien. Darüber hinaus ließen sich die Katastrophenszenarien der Theorie gut mit den rassistischen Vorstellungen der Nazis in Verbindung bringen. Die „Herrenrasse“ der weißen Arier erstarkte im ewigen Eis des Nordens und errichtete in Thule (gleichbedeutend mit Atlantis) eine Hochkultur, die unterging. Gleich dem Zyklus der Welteislehre von Werden und Vergehen sollte die Herrenrasse mit dem Dritten Reich wieder auferstehen und den ihr gebührenden Platz einnehmen.
Ab 1937 erlangte die Welteislehre daher im Zweig Wetterkunde der SS-Forschungsgemeinschaft Ahnenerbe Einfluss. Dabei sollte insbesondere eine Wirkung des ewigen Welteises auf das Germanentum nachgewiesen werden.
Aha, die „Herrenrasse“ der weißen Arier erstarkte im ewigen Eis des Nordens.
Nach dem Ende des Dritten Reichs geriet die WEL – zurecht – in Vergessenheit und ist heute höchstens noch in esoterischen Kreisen zu finden.
1948 schrieb ein Dr. Richard Hunger das nachfolgende Heftchen. Hierin erläutert er unter anderem, wie der Mond von der Erde als Trabant eingefangen wurde, daß Hagel von der Erde eingefangene Welteisklumpen sind, Salzlager aus dem Meerwasser ausfrieren, Kalk, Sand, Kohle, Schiefer und andere Gesteinsarten mussten zuerst mit Meerwasser vermischt gefrieren, ehe sich die heute vorgefundenen Gesteinsschichten bilden konnten.
Weiter beschreibt er, daß die Nähe des Mondes zum Äquator die Atmosphäre in dieser Region bündelt, was ein Eindringen der Weltraumkälte in den Polregionen ermöglicht. Auch die Mondkrater als Eisschollenbruchstücke werden erklärt. Er hat sich sein Weltbild prima zurechtgelegt, und solange es in sich schlüssig und nicht widerlegbar ist, kann man sicher einigen Ruhm ernten.
Tja, so ist das mit der Welteislehre.