Klage gegen Hypotheken-Schuldner – 1829-1833


Familie von Damm ist den treuen Lesern meines Blogs schon bekannt. Die Familie war offenbar seit sehr langer Zeit recht wohlhabend. Wer Geld hat, wird häufig angepumpt. Auch die Familie von Damm hat Geld an Nachbarn, Bauern oder Bewohner der eigenen Grundstücke verliehen. Ein Beispiel habe ich euch hier vor ein paar Tagen vorgestellt.

Was aber, wenn der Hausherr und Hypotheknehmer verstorben ist, bevor das Geld zurückgezahlt wurde? Einerseits konnte der Hausrat versteigert und damit die Schuld beglichen werden. Das sah dann so aus. Oder die Witwe wurde aus dem Haus geworfen. Wie das aussah, versuche ich euch heute anhand des Briefwechsels zwischen Wittwe Rohde und Carl Friedrich Eduard von Damm, vertreten durch seinen Notar Langenheim, zu zeigen.

von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833
  • Novum      Abschrift
  • Klage
  • von Seiten
  • des Herrn Lieutenant Carl Fr. Eduard von Damm als Conservator des von Damm’schen Riken Beguinenhauses hieselbst Klägers
  • wider
  • die Wittwe des Kammachermeisters Martin Bernhard Ludwig Rohde Ilse Wilhelmine geb. Heyer und den Branntweinbrenner Carl Albrecht Ludwig Steinmann als Vormund deren minderjährigen Sohnes erster Ehe Johann Heinrich Meyer hieselbst Beklagten
  • Mit Anlagen A und B wegen Hypothek Capitalzinsen
  • P.P.
  • Nach Ausweisung der hublit. (?) absichtlich beigefügten gerichtlichenvon Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833
  • Schuld und Hypothekenverschreibung vom 11ten Juni 1829 hat der Herr Kläger den Beklagten gegen Verpfändung des Hauses No. 1943 am Ritterbrunnen 350 Thaler vorgeliehen und habe die Beklagten solches Capital mit 4 % fürs Jahr in quartalien Raten zu verzinsen und nach vorgängiger vierteljähriger Kündigung zurückzuzahlen versprochen. Da die Zinsen vom 1sten Oct 1831 bis 1sten April 1833 nicht haben erfolgen wollen, vielmehr darauf rückständig sind 19 Thaler, so erhält der Kläger solcherhalb Klage mit gehorsamster Bitte:
  • Termin zur Vorlegung und Anerkennung der inducirten Schuld und Hypothekenverschreibung bei Strafe des Anerkenntnißes angesetzter und nach geschehener Agintion (?) zu erkennen, daß die Beklagte die geklagten 19 Thaler Zinsen binnen
von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833
  • 4 Wochen Vermeidung bei der Exekution resp. Subhastation (Wikipedia: Zwangsversteigerung) des Hypothekgrundstückes an den Kläger zu bezahlen und demselben die Prozeßkosten zu erstatten schuldig.
  • Durch Anlage B wird Anwalt ad Acta legitimirt.von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833Abschrift
  • Von dem Endes benannten Dezutirten (?) des Herzoglichen Districts-Gerichtes zu Braunschweig sind dato an offener und gehegter Gerichtsstelle erschienen des Kammacher Meisters Martin Bernhard Ludwig Rohde Ehefrau Ilse Wilhelmine geb. Heyer verwittwet gewesene Meyer, und deren minderjährigen Sohnes erster Ehe Johann Heinrich Meyer Vormund, Branntweinbrenner Carl Albrecht Ludwig Steinmann, und haben bekannt, daß der Herr Lieutenant Carl Friedrich Eduard von Damm, als Conservator des von Damm’schen Riecken Beguinenhauses, ihnen zur Bezahlung des ihnen heute gerichtlich tradirten am Ritterbrunnen belegenen, vorhin Harttung’schen Hauses und Hofes No. 1943
von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833
  • Dreihundert Fünfzig Thaler in Conv Münze zinsbar vorgeliehen habe. Sie wollte daher der Einrede des nicht empfangenen oder in ihren, resp. seines (?) Nutzen nicht verwendeten Geldes sich begeben haben, mit dem Versprechen, dieses vorgeliehene Capital der 350 Thaler in Conv. Münze alle viertel Jahr, vom ersten April dieses Jahres an, mit 4 % für jedes Jahr richtig zu verzinsen, und nach einer vorgängigen einvierteljährigen Pause(?) wieder zu bezahlen. Zur Sicherheit dessen haben dieselben, und insbesondere der Meyer’sche Vormund Kraft producirten Decrets Herzoglichen Districts Gerichtes vom 24ten März vorigen Jahres ihr, resp. des (?) der Lage und Nummer nach vorbeschriebenes
von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833
  • Haus und Hof sammt Zubehör dahir zur gerichtlichen Hypothek eingesetzt, um in Entstehung der Wiederbezahlung sowohl wegen des Capitals, als der Zinsen und Unkosten sich daran executive zu erholen und bezahlt zu machen, welches für den genannten Herrn Lieutnant von Damm der Herr Dr. juris Ruff, im Gericht zugegen, acceptirt hat, dem vom Gerichte Vorschriftsmäßig eröffnet worden, daß das dem Fisco wegen etwa rückständig werdender Steuern Kriegeslasten oder anderer öffentlicher Abgaben zustehende gesetzliche Vorzugsrechte vor obiger Hypothekforderung damit ausdrücklich vorbehalten bleibe.
  • Urkundlich ist dieses Document unter der Namens-Unterschrift des Dezutirten(?) des
von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833
  • Herzogl. Districts Gerichtes mit beigefügtem Gerichtssiegel darüber abgefaßt worden.
  • So geschehen Braunschweig, den elften Juni Eintausend Achthundert Neun und Zwanzig
  • (L.S.) C.F. Widmann
  •  
  • Abschrift
  • Demnach der Branntweinbrenner Carl Albrecht Ludwig Steinmann, hieselbst, Jürgen Meyer nachgelaßenen einzigen minorennen Sohnes angezeigt hat, daß zu der Verlaßenschaft des verstorbenen Vaters seines Puzillen(? … dieses Wort taucht häufiger auf, aber ich kann es nicht zu 100% entziffern und kenne es nicht)  des von dem Cammermusicus Johann August Ludwig Hartung für 475 Thaler verkaufte, am Ritterbrunnen (?) No. 1943 belegene und noch auf dem Namen des Verkäufers im Gerichtsbuche stehende
von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833
  • Haus gehöre, auf welches, da den auf die Kaufgelder rückständig gebliebenen 350 Thaler in Conv. Münze von den Erben des inzwischen verstorbenen Cammermusicus Hartung gekündigt und ausgeklagt wären und gezahlt werden müßen zur Vermeidung der Subhastation eine gleiche Summe ausgeliehen werden müsse, welche der H. Lieutenant Carl Friedrich Eduard von Damm als Conservator des von Damm’schen Riek’schen Beguinenhauses gegen eine jährliche Verzinsung von 4% und Verhypothecierung des Grundstückes herzugeben bereit sei, es aber hinsichtlich des … Puzillen an dem beschriebenen Hause zuständigen halben Antheils eines Decreti de oppignorando bedürfe und um solches gebeten hat, als wird darauf praevia causae cognitione zur Resolution ertheilt, daß dem Gesuche kein Bedenken entgegenstehe und der (?) hiedurch autorisirt werde, der seine Puzillen an dem Hause zustehenden 350 Thaler geschrieben Dreihundert Fünfzig Thaler in Conv. Münze mit zu verpfänden.
  • Decretum Braunschweig am 24ten März 1829 Herzoglich Braunschweig Lüneburgliches Distrcits Gericht.
  • (L.S.) Hartmeister

Wer bis hierher durchgehalten hat, kann nun die Antwort der beklagten Witwe lesen:

von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833
  • An den Herr Notar Langenheim
  • hieselbst
  •  
  • Lieber Herr Notar Langenheim
  •  
  • Es thut mir sehr Leid das ich habe ich habe (!) die Zinsen noch nicht bezahlen können ich habe mein Schwein verkauft das ich die Zinsen wollte diese Woche bezahlen aber der Hooke (?) will es mir vor Ostern nicht mehr abnehmen als die Woche nach Ostern. Thun Sie mir doch die einzige Liebe und setzen Sie doch keine Klage an. Es hat mich wunderlich gegangen sonst hätte ich es schon es schon (!) bezahlt. Lieber Herr Notar ich bitte Ihnen darum stehen Sie mich doch bei das ich doch brauche keine unnöthige Klagekosten brauche zu bezahlen.
  • Braunschweig d. 1ten Apprill
  • ergebenst Wittwe Rohde
von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833

Der Notar hat daraufhin von Herrn von Damm die Vorgabe bekommen:

  • Euer Wohlgeboren
  • ersuche ich um die geeignetste Maßregeln die angeschloßen specificirte Restante (Duden: mit fälligen Zahlungen im Rückstand befindlicher Schuldner) zur Zahlung zu vermögen. Notar Hillemann 3.3.(18)33
  • Addatur (Zusatz) das Nota des Hr. Hillemann wonach er ver….. Pachtcontract verlangt hat

Aber Witwe Rohde gibt nicht auf:

von Damm Klage 1829

An den Herrn Notar Langenheim, hieselbst

von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833
  • Lieber Herr Notar Langenheim
  • Thuns Sie mir die einzige Liebe und geduldigen sie sich bis zur Messe, den will ich alles in Ordnung bringen.

Das Ende vom Lied sehen wir auf diesem Entwurf der oben schon gezeigten Klageschrift. Hier hat der Herr Notar alle Zahlungen und aufgelaufenen Zinsen bis zum 12. März 1837 notiert.

Man kann sehen, daß sich die Schuld der guten Witwe Ilse Wilhelmine Rohde von den ursprünglichen 350 Thalern inzwischen auf 422 Thaler, 29 gute Groschen und 4 Pfennige aufsummiert hat.

von Damm Klage 1829
von Damm Klage 1829
von Damm Klage gegen Witwe Rohde 1829-1833

Ob sie da je wieder rausgekommen ist? Wir wissen es bisher noch nicht. Vielleicht taucht ja noch ein Dokument auf, das uns aufklärt.

Bis dahin gebe ich euch auf den Weg: Wenn ihr eine Hypothek aufnehmt und in dem beliehenen Haus wohnen bleiben möchtet, zahlt brav alle Raten!

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