Es ist nun tatsächlich schon 30 Jahre her, dass ich als frisch geflüchteter DDR-Bürger nach meiner abenteuerlichen Reise von Ost über die Tschechoslovakei nach West in einem bayerischen Aufnahmelager den Fall der Mauer miterlebt habe.
Damals noch ein frisch ausgelernter Bubi ohne große Pläne aber mit dem Wunsch, selbst etwas aus meinem Leben zu machen, bin ich gemeinsam mit meinem besten Freund in seinem Trabbi über die deutsch-tschechische Grenze getuckert, nur um etwas später über eine weitere deutsch-tschechische Grenze zu fahren.
Ich hatte kaum etwas zu verlieren. Bei ihm sah das anders aus. Er hatte einen Einberufungsbefehl zur Nationalen Volksarmee und sich mit seinem Vorhaben in mehr als einem Punkt mit den Gesetzen der DDR nicht vertragen.
Rückblickend war die Reise meine beste Entscheidung. Der Mut zu gehen, als die meisten noch geblieben sind, hat mir später mehrere Türen geöffnet.
Für meinen Onkel, der im Augenblick der Maueröffnung seinen Dienst an der Grenze zwischen Berlin und Berlin versah, hatte dieser Tag auch einige ungeahnte Ereignisse parat. Wie er mir schilderte, war die Verwirrung groß und nur durch das überlegte Handeln einiger Befehlsgeber konnte ein großes Drama verhindert werden. Laut seiner Aussage hätte nahezu keiner der kleinen Wachsoldaten gezögert, einen Schießbefehl auszuführen. Dafür war man ausgebildet und die Dienstpläne waren immer so ausgelegt, dass man keine engeren Beziehungen zu seinen Wach-Partnern knüpfen konnte. Du wusstest nie, wer tatsächlich mit dir auf dem Turm saß oder die Grenze ablief.
Am beeindruckendsten jedoch waren für mich damals wie heute zwei Aussagen:
- Wieso haben sich bereits einige Tage vor dem Fall der Mauer die Übertragungswagen großer amerikanischer Fernsehsender am Brandenburger Tor in Stellung gebracht, Ausleuchtungen vorgenommen und die Satellitenantennen ausgerichtet?
- Warum waren die ersten circa 100 Personen, die den geöffneten Grenzübergang an der Bornholmer Straße überschritten, ausnahmslos Westdeutsche und Westberliner – kein einziger DDR-Bürger? Die folgten erst danach.
Mein Mauerstück habe ich noch immer. Es ist – im Unterschied zu den Millionen Betonstücken für die Touristen – ein Original und besagter Onkel hat mir sogar noch seinen Grenzübergangsstempel und ein NVA-Siegel aufgedrückt.

Und nun bin ich so alt, dass ich als Zeitzeuge herhalten muß.
Den Artikel zum 25. Jahrestag des Mauerfalls findet ihr übrigens hier. Und wie Berlin damals auf dem Stadtplan aussah, habe ich euch hier gezeigt.
Wenn ich mich richtig erinnere, schlummert bei uns auch noch so ein alter Falkplan in einer Schublade seinen Dornröschenschlaf, nachher mal direkt nachschauen.
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