Auslauf eines 300 Jahre Pachtvertrages – Grundstücksverhandlungen von 1777


Wer kennt das nicht? Da hat man ein Stück Land, verpachtet es und nach knapp 300 Jahren gibt es Ärger um den Preis.

Eine Begebenheit, die wir alle schon mehr als einmal selbst erlebt haben, oder?

Nicht anders erging es der uns bereits bekannten Famile von Damm.

Wie ihr in dem heute vorgestellten Entwurf einer Vertrages vom 5. Januar 1777 lesen könnt, geht es um ein Stück Land, das 1481 (vor 533 Jahren!) an einen Herrn Tile von Damm von Herrn Eggeling von Strobeke, jetzo Strombeck verpachtet wurde.

Es handelt sich um ein „pro memoria“ – nach meinem Verständnis also eine Kopie des abgeschickten Briefes für die eigenen Unterlagen.

von Damm 5.Jan 1777

Pro memoria:

die

Gebenden zu Thiede und Volkmersen bei dem Amte Neubruck und deren etwanige Reluition betreffend. (Reluition ist ein Wiederkaufs-Recht, z.B. nach Ablauf einer Pacht)

Braunschweig den 5ten Januar 1777, Expediret (abgeschickt)

Da Herr Tile von Damm diese von Herzoglicher Erb-Cämmerei relevirende Zehenden anno 1481 von Eggeling von Strobeke, jetzo Strombeck gegen ein erlegtes Wiederkaufs pretium von 70 Braunschweiger Mark damaliger Währung acquiriret, Verkäufer aber die Reluition und die Kündigung alljährlich auf Johannistag reserviret, auch Herr Tile von Damm über diese intercontrahentes festgesetzte Retuition anno 1481 an Eggeling von Strobek ausgestellet, welcher in dem, welcher anno 1484 ausgefertigtem Wieder-Kauf-Contract wiederholet ist, mithin das Strombeck’sche Geschlecht auch nach beinahe 300 Jahren vool befugt ist und bleibt, die quaest. Zehenden zu reluiren. Als wird in casum Citis et reluitionis nachstehendes zu bemarken sein:

1. Soviel man bisher ausfinden mögen, hat ein Mark Braunschw. zu gedachter Zeit 3 Braunschweiger Gulden, und 1 Braunschweiger Gulden 30 Schilling nÿe gehalten und wir nun 70 Mark de 1481 – 210 Gulden damaliger Valeur betragens , also ist  zuvorderst auszumachen: vieviel diese Münze oder 210 Gulden de 1481 in jetzigem Gelde betragen.

Und so geht es weiter und weiter.

von Damm 5.Jan 1777

Für den Fall, daß Herr von Strobek nicht auf das unterbreitete Angebot eingeht, wurde auch eine Klageschrift vorbereitet.

Braunschweig, den 5ten Januar 1777 (Expediret)

Sollte Herr Mustapha von Strobek so mutig sein …. Klage einzuführen, würde ich diesseitigen procuratoremin …., in primo termino folgendermassen ad protocollum zu handeln:

Mandatarius:

und dann geht es los mit teilweise schwer zu entziffernden möglichen Klagepunkten. Ziel war offenbar einfach nur, an dieses Stück Land zu kommen

von Damm 5.Jan 1777
von Damm 5.Jan 1777

Von anderer Hand geschrieben gibt es noch eine Aufrechnung, „des vormaligen Geldes gegen das gegenwärtige, besonders auf die, immer gestiegenen pretia rerum, Werk-, Arbeit-, Tag- und Dienst-Lohn, zu sehen sei. allermassen anno 1481 … ein hiesiger Masse-Löner … wohl nicht einmal 3 Schillinge gehabet und ein Tag-Löner etwa einen Schilling oder nur 8 Pfennige täglich bekommen. Hiefolglich mit 210 Gulden Braunschw.  vor 300 Jahren mehr auszurichten gewesen als in nachherigen und jetzigen Zeiten mit 2 bis 3000 Thalern.“

von Damm 5.Jan 1777
von Damm 5.Jan 1777

Zu guter Letzt hat der Herr Notar am 6. Januar 1777 noch eine kleine Zusammenfassung an Herrn von Damm geschickt, damit dieser auf dem

von Damm 1777 unterthänigst, treu, gehorsamstes pro memoria

Laufenden bleibt.

Ein interessantes 250 Jahre altes Stückchen Rechtsgeschichte, die in ihrer verwirrenden Terminolgie bis heute nichts eingebüßet hat. Nur so konnten sich damals wie heute die Herren Notare, Anwälte und Richter vom gemeinen Fußvolk abheben und ihre exorbitanten (Werk-, Dienst-, Tag- und inzwischen sogar Stunden-) Löhne rechtfertigen.

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