Niemand kennt mehr Carrie Anderson aus Armstrong, Pennsylvania. Und wer sie bis heute nicht kannte, wird auch keine Gelegenheit mehr finden, sie kennenzulernen.
Carrie ging in der Zeit um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert zur Schule. Sie besuchte die Shoup’s School in Armstrong.
Ich habe zwischen meinen Sammelbildchen ihr Zwischenzeugnis für die ersten 7 Monate des Schuljahres 1900/1901 gefunden.
Ich vermute, dass das Schuljahr in den USA genau so eingeteilt war, wie in Europa: nach der Ernte ging das erste Halbjahr im Spätsommer los und endete zu Weihnachten. Mit der zweiten Hälfte ging es nach dem Jahreswechsel weiter. Je nach klimatischen Bedingungen war in den schneereichen Monaten keine Schule. Das Schuljahr endete im Juni und die Kinder waren frei um bei der Ernte helfen zu können.
Carries Lehrerin Maude Beighley hat ihr ziemlich gute Noten gegeben. Seinerzeit wurde in Prozenten gewertet. Mit einem fatalen Ausrutscher auf 93% in Arithmetik im 3. Monat war Carrie ansonsten eine sehr gute Schülerin in den Fächern Lesen, Buchstabieren, Penmanship (übersetzt mit Kalligraphie, wahrscheinlich ist Schönschrift gemeint), Geographie, Arithmetik, Kopfrechnen, U.S.-Geschichte, Grammatik und Naturkunde. Was sich hinter „Civ. Gov.“ verbirgt, weiß ich noch nicht. Ich vermute, es könnte etwa „Civil Governance“ heißen und „menschliche Führung“ oder Betragen bedeuten. Allerdings gibt es noch die Spalte „Conduct“. Und das bedeutet Verhalten.
Auf der Rückseite gibt es einige Anweisungen für die Eltern:
„Wie am 16. Mai 1895 beschlossen und am 12. Juli 1897 bekräftigt, müssen alle Eltern oder Vormunde von Kindern im Alter zwischen acht und sechzehn Jahren diese an mindestens 70% der Schultage in die Schule schicken, anderenfalls ihnen eine Strafe angedroht wird.“
„Jeder Schüler bekommt eine solche Karte auf der vom Lehrer am Ende jedes Monats die erreichten Leistungen dokumentiert sind. Diese ist von den Eltern zu unterschreiben.“
„Sollte diese Karte verloren gehen, wird der Finder gebeten, sie dem Lehrer zukommen zu lassen.“
Ungeachtet der Tatsache, dass Carrie Anderson wohl eine kleine Hermine Granger war, hat sie der Tod inzwischen garantiert ereilt und niemand wird sich mehr an sie erinnern. Darum habe ich ihr heute diese fünf Minuten Ruhm verschafft.
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