Im Westen nichts Neues – woanders auch nicht


Als DDR-Kind hielt ich den Roman „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque für ein Propagandabuch der DDR gegen den Westen – und habe es nicht gelesen.

Erst viel später habe ich verstanden, dass es um die Erlebnisse eines jungen deutschen Soldaten im Ersten Weltkrieg geht. Und während die Soldaten massenhaft auf den Schlachtfeldern sterben um die Frontlinie um wenige Meter in eine Richtung zu verschieben, ein letztlich aber müßiges Unterfangen in einem Krieg, der eigentlich längst entschieden ist, sind diese Ereignisse für die Tagesberichte der Generalität nicht weiter erwähnenswert.

Wie sahen solche Tagesberichte aus?

Militärischer Tagesbericht vom 5. April 1918

Der Erste Generalquartiermeister Erich Ludendorff, als Stellvertreter des späteren Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, gab täglich militärische Tagesberichte heraus, die in Plakatgröße in den Schaukästen der Tageszeitungen ausgehängt wurden.

So gab es am 5. April 1918 folgende Nachrichten von den Kriegsschauplätzen:

Westlicher Kriegsschauplatz – Wir griffen gestern südlich von der Somme und zu beiden Seiten von Moreuil an und warfen den Feind aus seinen starken Stellungen. Englische und französische Reserven stießen unseren Truppen entgegen. Ihr Ansturm zerschellte in unserem Feuer. Nach hartem Ringen haben wir zwischen Somme und Luce-Bach Hamel, sowie die Waldstücke nordöstlich und südöstlich von Villers Bretonneux, auf dem Westufer der Avre Castel und Mailly genommen.

Der Feind leistete auf der ganzen Front verzweifelten Widerstand. Seine blutigen Verluste sind daher ungewöhnlich schwer. Wir machten einige tausend Gefangene. Nach beendeter Feststellung beträgt die Zahl der von der Armee des Generals v. Hutier in der Zeit vom 21. bis 23. März eingebrachten Gefangenen 51 218, der eroberten Geschütze 729.

Damit ist die bisherige Gesamtbeute auf mehr als 90 000 Gefangene und über 1300 Geschütze gestiegen.

Zur Vergeltung für die seit einigen Tagen anhaltende Beschießung unserer Unterkünfte in Laon durch die Franzosen haben wir Reims unter Feuer genommen.

In der Champagne und auf dem Ostufer der Maas brachten erfolgreiche Vorstöße Gefangene ein. Vor Verdun blieb der tagsüber gesteigerte Feuerkampf auch während der Nacht lebhaft.

Zu diesem Kriegsschauplatz weiß Wikipedia zu berichten: «Der deutsche Vormarsch kam im September an der Marne zum Erliegen, zwischen November 1914 und März 1918 erstarrte die Front im Westen. Da Russland im Osten bis zur Oktoberrevolution 1917 und dem separaten Friedensvertrag von Brest-Litowsk weiter am Krieg teilnahm, befand sich Deutschland für lange Zeit entgegen der Planung im Zweifrontenkrieg. Zu typischen Merkmalen des Kampfgeschehens wurden der Stellungs- und Grabenkrieg sowie Materialschlachten mit hohen Verlusten bei zumeist nur geringfügigen Geländegewinnen. Das betraf etwa die Schlacht um Verdun, die Schlacht an der Somme, elf der zwölf Isonzoschlachten und die vier Flandernschlachten.»

Schauen wir auf die anderen Kriegsschauplätze:

Osten – In der Ukraine nahmen wir feindlichen Banden an der Bahnlinie PoltawaKonstantinograd 28 mit französischen Gewehren u. Munition beladene Eisenbahnwagen u. mehr als 1 Million Artilleriegeschosse ab. Im Dnjeprtal vordringende Truppen haben nach Kampf Jekaterinoslaw genommen.

Asiatischer Kriegsschauplatz – Deutsche Truppen haben im Verein mit osmanischen Kräften englische, nach Ueberschreiten des Jordan über Es-Salt und auf Amman vorgedrungene Infanterie- und Kavallerie-Brigaden in mehrtägigem Kampf gegen den Jordan zurückgeworfen.

Der Erste Generalquartiermeister Ludendorff

Man sollte bei all diesen Berichten nicht vergessen, dass nie, oder nur zwischen den Zeilen, von eigenen Menschen- und Gebietsverlusten berichtet wurde. Wenn wir den Feind aus seinen „starken Stellungen“ warfen, darf man von verlustreichen Kämpfen auf beiden Seiten ausgehen.

Das zweite Plakat, das ich euch heute vorstellen möchte, ist bereits vom 27. März 1918 gewesen.

Militärischer Tagesbericht vom 27. März 1918

Westlicher Kriegsschauplatz – Die am 25. März geschlagenen englischen und französischen Divisionen suchten gestern erneut in dem unwegsamen Trichtergelände der Sommeschlacht unserem Vordringen Einhalt zu tun.

Unser Angriff durchbrach die feindlichen Linien.

Seit frühem Morgen begann der Feind auf breiter Front zu beiden Seiten der Somme zu weichen. Zäher Widerstand feindlicher Nachhuten wurde in scharfem Nachdrängen bezwungen. Nördlich und südlich von Albert erkämpften wir uns den Übergang über die Ancre.

Am Abend fiel Albert.

Südlich der Somme warfen wir den Feind nach heftigem Kampf über Chaulnes und Lihons zurück. Roye wurde erstürmt, Noyon in blutigem Straßenkampf vom Feinde gesäubert.

Wir haben unsere alten Stellungen vor der Sommeschlacht von 1916 nach Westen an vielen Stellen überschritten. Die Gefangenenzahl wächst. Die Beute mehrt sich.

Artilleriekämpfe in Flandern , vor Verdun und in Lothringen dauerten an.

Rittmeister Freiherr von Richthofen errang seinen 69. und 70. Luftsieg. (Übrigens hatte Manfred von Richthofen noch drei Wochen Zeit, in denen er weitere 10 Luftsiege errang, bevor er am 21. April bei einem Luftkampf nahe Vaux-sur-Somme angeschossen wurde und nach der Landung starb.)

Und zum Schluß folgt einer der Sätze, die zum Titel des heutigen Beitrages geführt haben:

Von den anderen Kriegsschauplätzen nichts Neues.

Wir dürfen davon ausgehen, dass die Soldaten im Osten und in Asien an diesen Tagen nicht frei hatten und gelangweilt in der Gegend herumsaßen.

Weitere Bekanntmachungen – dann allerdings für die Heimat bestimmt, folgen in den nächsten Tagen.

Falls sich jemand fragt, welche Münzen ich zum Beschweren der Ecken verwendet habe um ein Wegfliegen der Plakate zu verhindern, der klickt hier.

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