Gelegentlich tauchen in meinen Kisten und Kartons unbekannte Dinge auf, bei denen man sich fragt: „Wieso hat das einer meiner Vorfahren aufgehoben?“
Heute stelle ich euch eines dieser Dinge vor – einen Begleitschein für ein Paket aus Italien nach Zittau in Sachsen.
Was hatte es mit der 9400 Gramm schweren Sendung auf sich, die am 27. Februar 1914 in Como aufgegeben wurde und vom Zollamt am Bahnhof Zittau abgeholt werden konnte? Hier musste ich einen italienischen Bekannten um Hilfe bitten.
Cascami cotone nannte man seinerzeit die Kokons der Seidenraupen, die nur von minderer Qualität waren. Hierzu muß man wissen, dass sich ein Seidenraupenkokon in vier Qualitäten einteilen lässt:
- Kokons aus denen der Schmetterling geschlüpft ist und der daher durchbissen wurde. Diese Kokons sind von bester Qualität, aber bedingt durch den durchbissenen Faden nicht zum abhaspeln (abwickeln) geeignet.
- Die zweitwertvollste Sorte Kokons ist diejenige, die beim Schlagen der Kokons in heißem Wasser, wodurch sich die Fäden lösen und einzeln entnommen werden können, lange, wenig verwirrte und nicht zu grobe Fäden hervorbringt.
- Die dritte und gleichzeitig größte Gruppe der Kokons sind diejenigen, in denen die Puppen unvollkommen getötet wurden, oder diejenigen, aus denen nachträglich entwickelte Schmetterlinge geschlüpft sind und die daher durchbissen wurden, aber von geringerer Güte sind als diejenigen der ersten Kategorie. Weiterhin werden in diese Gruppe Kokons einsortiert, die durch Zerplatzen oder Verfaulen der darin befindlichen Puppen fleckig geworden oder auf andere Weise beschädigt sind.
- Die schlechteste Kategorie umfasst die so genannte Flockseide, in die aufgeplatzte Kokons ohne längere Fäden eingeordnet werden. Ebenso gehören Kokonanfänge dazu, die den Raupen zum Befestigen der Kokons an den Zweigen dienen und nachträglich abgekratzt werden.
Wer sich anschauen will, wie sich eine kleine Seidenraupe dick und rund frisst, einspinnt und wie überraschend einfach der Seidenfaden durch abwickeln (abhaspeln) gewonnen wird, der kann hier die 2sat-Dokumentation „Die Seidenraupe“ anschauen: YouTube
Und was hatte es nun mit den Kokons im Paket auf sich? In Italien wurden Seidenraupen gezüchtet und die Seidenkokons in zwei großen Fabriken in Mailand und Bergamo verarbeitet. Hier wurde die gute Seide für Stoffe produziert. Die schlechten Kokons wurden aber nicht weggeworfen. Viel mehr wurden sie – wie in unserem Fall – von Apotheken gekauft. Und wofür hat der Apotheker diese seidenen Kokons benutzt? Er diente als Einlagen für Mullbinden, Hautpflaster, Hühneraugenpflaster und Ähnlichem.

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